Durstige Omas, wütende Fucktoys

Das Slash-Filmfestival (18.–28. September) ist vorüber, also 10 Tage Horrorfilme, irre Komödien und Würste aus Menschenblut. Maja Jakovac und Fabian Lutz haben sich (fast) all das angetan und sprechen im Kaffeehaus über ihre Eindrücke.

10% blutwurst | 50% anspruch | 666% slash

One Way Ticket to the Other Side / © Slash Filmfestival 2025

Maja Jakovac: Welchen Slash-Film würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen?

Fucktoys / © SLASH Filmfestival 2025

Fabian Lutz: Das ist schwierig. Auf der einsamen Insel musst du psychisch ja okay bleiben. Am besten Fucktoys, der hat auch die Goldene Urne gewonnen, den Hauptpreis. Ein wilder Film über eine Sexarbeiterin im postapokalyptischen Louisiana. Wie Anora auf Drogen. Dein Kandidat?

Maja: One-Way Ticket to the Other Side! Die Band Pornographie Exclusive hat zu verschiedenen Tracks Filme machen lassen. Die wurden dann mit Live-Performances der Songs im Filmcasino gezeigt. Die Filme nehme ich mit auf die Insel – aber nur wenn die Band mitkommt. Ich brauche das Gesamtpaket!

Fabian: Apropos Gesamtpaket: Ich fand, dass das Slash ein schönes Gesamtpaket war: Es gab Q&As, Workshops, eine ewig lange Splatternacht, eine Party und – wie du sagst – einen Film mit Livebegleitung durch eine Cold Wave-Band! Plus viel schöne Deko: Zombierequisiten im Schaufenster, ein Spieleautomat, auf dem man Street Fighter 2 spielen konnte. Und dann noch Blutwürste…

Maja: Ja! Das war im Metro Kino, nach dem „Nackt & Mutiert“-Talk mit Regisseur Jörg Buttgereit und FM4-Moderator Christian Fuchs. Wer wollte, konnte sich Blut abnehmen, daraus wurde dann Wurst gemacht.

Fabian: Beim Slash war überhaupt viel Humor und Augenzwinkern, auch, was das Programm angeht, zum Beispiel Fucktoys. Dann gab es noch Dead Lover, eine Liebesgeschichte über eine Grabschänderin oder den leider superflachen Erotikslasher Bone Lake. Ich hatte den Eindruck, dass viele düstere Themen auf dem Slash mit Ironie angegangen wurden. Auch wegen der süßen Deko war die Grundstimmung nicht so düster wie man bei einem Festival mit Horrorschwerpunkt erwarten würde.

Maja: Ja, am Horrorfilm kleben auch viele Klischees, das wurde beim Slash aufgelockert. Wobei ich kaum gelacht habe bei den Filmen, wenn dann an unerwarteten Stellen. Aber ich finde eh, dass Horror und Komödie nicht so weit auseinander sind, beide arbeiten mit Überraschung und dem richtigen Timing. Bei manchen Filmen wusste ich auch gar nicht, ob sie eine Komödie sein sollen, zum Beispiel Buffet Infinity, der Film, der nur aus absurden, apokalyptischen Werbespots besteht.

Fabian: Das war eher absurder Humor, Adult Swim, Rick and Morty. Davon gab es auf dem Slash auch sehr viel.

Maja: Bei Buffet Infinity war das irgendwann ermüdend, weil es so viel auf einmal ist und sich ständig wiederholt.

Fabian: Ich fand eher die generischen Horrorfilme ermüdend, zum Beispiel Omukade. Ein thailändischer Film über den Zweiten Weltkrieg und einen Monstertausendfüßler, der aus Menschen Zombies macht. Klang auf dem Blatt gut, war aber sehr vorhersehbar und kitschig, mit einem Loblied auf die Verteidigung der Nation. Die thailändische Botschaft war beim Screening dabei und hat den Film beklatscht.

Maja: Mich interessieren Horrorfilme, die Assoziationen wecken. Monsterfilme und Slasher langweilen mich. Auch Filme, die mir alles erklären. Einer meiner Lieblingsfilme beim Slash war One-Way Ticket to the Other Side. Den hatte ich schon erwähnt – das Filmexperiment mit der belgischen Cold Wave-Band Pornographie Exclusive. Die Filme waren sehr traumartig.

Eigenblutcevapcici! / © Teresa Wagenhofer

Fabian: Dazu passt auch Rabbit Trap über ein Ehepaar, das irgendwo auf dem britischen Land experimentelle Audioaufnahmen macht und plötzlich ein anhängliches Kind in der Wohnung hat. Das ist eher abstrakter Horror. Man kann gar nicht greifen, um was es eigentlich geht. Das war bei Buffet Infinity auch so. Und beim Paranoiafilm Bulk von Ben Wheatley. Ich mag Wheatley ja eh und habe mich sehr gefreut, dass er Gast auf dem Slash war und mit süßem Lächeln die Ehrenurne entgegengenommen hat. Wobei Bulk selbst mir zu verwirrend war.

Maja: Was mir noch aufgefallen ist: Es gab viele Tiere. In Good Boy spielt ein echter Hund die Hauptrolle. Er sieht paranormale Dinge, kann seinem Besitzer aber nicht davon erzählen, weil er ein Hund ist. War ein netter Film. Es gab auch einen Kurzfilmblock, da ging es um Zeit und Vergänglichkeit, da kamen viele Tiere vor.

Fabian: …und eine durstige Oma! Die war doch dein Favorit!

Maja: Ja, Grandma Is Thirsty heißt der Film. Ein kleiner Junge trifft zwei seltsame rothaarige Kinder, die ihn in ihr Haus führen. Dort trinken sie ständig Milch. Und dann gibt es noch ihre Großmutter im Zimmer oben. Na ja, ich will nicht spoilern. Das war einer der wenigen Filme auf dem Slash, die mich zum Lachen gebracht haben, die ganze Art der Darstellung war sehr komisch.

Fabian: Einige Filme, zum Beispiel Anything That Moves oder mein Favorit Jimmy and Stiggs, waren auf 16 mm. Das ist kein übliches Format heute. Das muss irgendein Retrohype sein, den ich vielleicht verschlafen habe. Fandest du, dass es beim Slash viel ums Material von Filmen ging?

Maja: Definitiv. Es gab sogar einen 3D-Schwerpunkt mit B-Movie-Klassikern wie Flesh for Frankenstein (1973) oder Creature from the Black Lagoon (1954). Beim „Nackt & Mutiert“-Talk mit Jörg Buttgereit und Christian Fuchs habe ich auch viel über 3D erfahren, das ich noch nicht wusste, zum Beispiel, dass es 3D-Experimente im Fernsehen gab, ganze 3D-Fernsehshows, auch vom ORF. Und dass manche Menschen kein 3D sehen können.

Fabian: Buttgereit ist eine Legende, Nekromantik (1988) ist der vielleicht kultigste verbotene Film, den ich kenne.

Maja: Seinen nächsten Film Der Todesking finde ich genial. Ich konnte danach nicht schlafen, dann habe ich mir überlegt, ob ich mir ein Todesking-Tattoo stechen lasse. Na ja, ich finde jedenfalls lustig, dass sich die Filme Buttgereits und seine Persönlichkeit so unterscheiden, er ist voll der nette Typ.

Fabian: Finde ich auch! Aber bevor wir hier total abtauchen noch ein kurzer Check: Bist du mit den Gewinnern einverstanden? Du hattest den Langfilmsieger Fucktoys, den ich auf die Insel mitnehmen würde, ja nicht gesehen, dafür aber den Kurzfilmgewinner A Year Of Marriage, der durch Publikumsabstimmung gewählt wurde. Weißt du, warum der gewonnen hat?

Maja: Ich denke, er hat viele Menschen angesprochen. Es ging um traditionelle Heirat und ein Monster, das darüber wacht, aber auch um weibliches Empowerment. Wegen dem Empowerment kam er sicher auch so gut beim Publikum an.

Fabian: Und bei Fucktoys ging es um das feministische Empowerment einer Sexarbeiterin of Color. Finde ich schön, dass gerade im früher sehr sexistischen Horrorbereich heute solche Akzente betont werden. Spricht auch für das Slash. Nächstes Jahr also wieder?

Maja: Ja!

Die heilige Eröffnung / © Teresa Wagenhofer

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