Wenn Philosophie auf Widerstand trifft

- warum die Nachbesetzung eines Lehrstuhls uns alle anbelangt. Still und heimlich wollte das Institut für Philosophie den Lehrstuhl für interkulturelle Philosophie abschaffen.

Institut für Philosophie

Studierende und Studienvertretung kritisieren Lehrstuhlumbenennung

Gut zwei dutzend Studierenden folgten dem Ruf der Studienvertretung Philosophie, Lehramt Philosophie und Psychologie sowie Lehramt Ethik und versammelten sich letzten Freitag im Kommunikationsraum des Instituts für Philosophie. Nicht nur Abergläubischen verhieß dieser Freitag der 13te nichts Gutes, auch im Kommunikationsraum war die Stimmung gedrückt. Anlass der Zusammenkunft war die anstehende Umstrukturierung des Lehrstuhls für interkulturelle Philosophie (offiziell: Lehrstuhl für Philosophie in einer globalen Welt). Für die Studienvertretung ein Verlust von Pluralität und kritischem Diskurs am Institut für Philosophie. Doch von Anfang an!

Sich auf leere Lehrstühle setzen

Eigentlich ist die Nachbesetzung eines Lehrstuhls keine große Sache. In Absprache mit der Studienprogrammleitung schreibt das Rektorat eine Stelle aus, die passende Personalie findet ein Gremium.  Am Institut für Philosophie besteht dieses Gremium laut Satzung aus fünf Professor*innen, zwei Mitglieder*innen des Mittelbaus und zwei Vertreter*innen der Studienvertretung. Letzten Winter, als die Professur für interkulturelle Philosophie nachbesetzt werden sollte, tagte das Gremium zum letzten Mal; eine Entscheidung wurde keine getroffen.

Das ist merkwürdig. Noch merkwürdiger ist es, dass der Lehrstuhl für Interkulturelle Philosophie nun ohne Begründung umbenannt wurde. In der Ausschreibung wird nicht länger vom Lehrstuhl für Philosophie in einer globalen Welt gesprochen, sondern von einem Lehrstuhl für östliche Philosophie. Die Studienvertretung kann die stille Umstrukturierung nicht nachvollziehen, zumal bei den Anhörungen letzten Winters ein „diverses und starkes Feld von Anwärter*innen“ vorhanden war. Sie muss es wohl wissen, war sie bei den Anhörungen letzten Winter mit am Tisch.

Der Lehrstuhl und du

Anders als es das Wort suggeriert, ist die Umbenennung des Lehrstuhls keine bloße Formsache, sondern hat weitreichende Folgen. Mit der Umbenennung verschiebt sich das Anforderungsprofil und somit auch das Anwärter*innenfeld. Der Verdacht, dass die Umbenennung einer bestimmten Personalie zugutekommt, wurde so zwar nicht ausgesprochen, liegt als Motiv aber nahe. Und warum schafft die Uni Wien ausgerechnet einen Lehrstuhl für östliche Philosophie und nicht beispielsweise einen für afrikanische, mittelöstliche, südamerikanische oder indigene Philosophie? Vielleicht, weil wir die Spezialist*innen bereits am Haus haben? Spekulieren darf man immer…

Doch das eigentliche Problem liegt anderswo. In einem öffentlichen Statement, welches die Studienvertretung diesen Donnerstag dem Lehrstuhlwahlgremium überreichen wollte, wird kritisiert, dass mit der Schaffung des Lehrstuhls für östliche Philosophie die „kritisch-reflektierende Auseinandersetzung sowohl mit philosophischen Ansätzen […] als auch mit der Art und Weise, wie diese miteinander ins Verhältnis gebracht werden“ verloren geht. Auch gehen der Pluralismus und die interkulturelle Dimension am Institut für Philosophie verloren, in Zeiten der Globalisierung besonders wichtig.

Wer sich tiefer mit der inhaltlichen Kritik der Studienvertretung auseinandersetzen will, darf gerne einen Blick aufs Statement werfen (https://oeh.univie.ac.at/stv/philosophie). Warum das Politikum über die Institutsgemäuer hinaus von Interesse sein dürfte? Die Umbenennung auch über das Institutsgemäuer heraus eine Relevanz hat: Wenn die größte philosophische Fakultät im deutschsprachigen Raum ohne Begründung ihr Gesicht vom interkulturellen Dialog und Offenheit abwendet, geht uns das alle ein bisschen an.

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