Eine Stadt. Tausende Bücher: Die Buch Wien 22

Vom Groschenroman zum Poetry-Slam und ernsten Diskussionen zum Ukrainekrieg. Ein Lokalaugenschein bei der heurigen Buchmesse in Wien.

Podiumsdiskussion bei der Buch Wien /// Nicola Monthorth (c)

Vom 23. bis zum 27. November lädt der Wiener Messeprater wieder zum Schlendern, Schmökern, Lauschen und Plaudern ein. In der weiten Halle drängen sich die kleinen Stände der verschiedenen Verlage eng aneinander. An einem jeden Tischchen wird man eingeladen, sich über die angepriesenen Werke zu informieren oder auch mal nur betont intellektuell zu diskutieren.

Vom „Kleinen Ich-bin-Ich“ zum „Klassenkampf von Oben“

Finden tut hier jeder was. Sei es klassische Literatur, Neuerscheinungen aus aller Welt oder ein kitschiger Groschenroman. Von Kinderbüchern und Comics, über Kochbücher, Reiseführer und Selbsthilferatgebern bis hin zu wissenschaftlichen Studien und ideologischen Schriften; hier trifft jeder seinen Geschmack. Auch die Lesefaulen. Für die gibt es gemütliche Sitzecken, dazu noch ein Glaserl Wein oder ein Seidl Bier. Wer will, kann sich auch an den Ständen über das Verlagswesen an sich informieren. Vertreter von „Self-Published“ Autor*innen schleichen ebenfalls herum.

Eine Stadt. Ein Buch

Neben dem Schmökern darf man die Bücher natürlich auch kaufen. Alternativ kann man auch die heurige Ausgabe von „Eine Stadt. Ein Buch“ abstauben, das pünktlich zur Buchmesse ab 23.11 überall in der Stadt verteilt aufgelegt wurde. Jedes Jahr verteilt Wien 100.000 Exemplare eines Buchs – gratis. Heuer sogar im Doppelpack: „Nero Corleone“ und „Nero Corleone kehrt zurück“ von Elke Heidenreich. Mit einem Vorwort von André Heller (nicht Basquiat).

Tausend Worte

Neben den zahlreichen Ständen und unendlichen Büchern gibt es auch ein reichhaltiges Rahmenprogramm. Untertags ist dieses Programm vor allem auf Kinder und Jugendliche ausgerichtet. Auf mehreren Bühnen finden praktisch rund um die Uhr Lesungen, Diskussionen und andere Veranstaltungen statt. Freilich mag man es vielleicht etwas irritierend finden, wenn auf der einen Bühne gerade über Putin und den Ukrainekrieg diskutiert wird, während einem aus der mittleren Ferne ein Poetry-Slam in die Ohren weht und Manuel Rubey von seiner Zeit als Falco-Darsteller erzählt. Aber Abwechslung muss nun einmal sein. Auch bei den Gästen auf der Bühne. Auf der ORF-Bühne führt Florian Scheuba von Natascha Strobl zu Thomas Brezina oder Michael Niavarani. So geben sich Kabarettist*innen, Journalist*innen Schauspieler*innen, Musiker*innen, Wissenschaftler*innen und Politiker*innen in einer Tour die Klinke in die Hand. Als internationaler Gast heuer sicher besonders spannend: der ukrainische Autor Andrej Kurkow.

Michael Häupl, mal ohne Spritzwein /// Nicola Monthorth (c)

Über allem wabert aber doch auch immer stets das Politische; sei es der Ukrainekrieg, Corona, Chat-Affären oder wenn der ehemalige Wiener Bürgermeister seinen Parteifreunden gerade etwas durch die Blume mitteilt. Und im nächsten Moment hört man plötzlich wieder einem belgischen Slam-Poeten dabei zu, was ihn nicht gerade alles abfuckt.

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